Mehr als bloß ein scharfes Messer

Bernd Höcker ist seit 25 Jahren „Schneidwerkzeug-Mechaniker-Meister“ – Silbernen Meisterbrief erhalten

„In meinem Handwerk brauche ich viel Erfahrung und Gefühl – und vor allem: ein sicheres Auge!“ Der 51jährige Bernd Höcker, seines Zeichens Schneidwerkzeugmechaniker-Meister in dritter Generation, steht in seiner 160m²-Werkstatt an der Bielefelder Hauptstraße und blickt kritisch prüfend über die Schneide eines Messers, das er gerade in bis zu acht Arbeitsschritten schärft. „Das können Profi-Küchenmesser oder auch Scheren für den Privatkunden sein, aber genauso gut Beile, Gartengeräte oder Messer und Werkzeuge aller Art für Industrie, Handwerk und Gastronomie – selbst Scherköpfe für Teppiche oder auch für die Tierzucht, denn Pferde, Schafe und Hunde müssen ebenfalls geschoren werden.“ Die Spanne der von Höcker zu schärfenden Gegenstände ist wahrlich umfangreich. „Und: Vieles ist dabei Handarbeit, denn jedes Messer ist wieder anders!“ Mal glatt, mal rund, mal Wellenschliff – ob klein oder groß: Das sichere Auge und die sichere Hand des Meisters sind unersetzbar an den schnell rotierenden Schleifsteinen und –bändern sowie Polierscheiben.

Erlernt hat er sein „scharfes“ Handwerk des Messerschmieds (heutige Bezeichnung: Schneidwerkzeugmechaniker) in der Werkstatt des Vaters, legte dann 1993 die Meisterprüfung -als Jahrgangsbester!- in Düsseldorf erfolgreich ab. Seit dem Jahr 2000 leitet er nun das kleine Familienunternehmen (Höcker Schleiferei und Schneidwaren) mit fünf Angestellten. Sein Beruf und das Handwerk überhaupt machen ihm auch 32 Jahre nach Beginn der Lehre immer noch großen Spaß – „aber meinem Sohn kann ich heute nur empfehlen, es sich sehr genau zu überlegen, ob er der Familientradition folgen will!“ Denn so wichtig scharfe Werkzeuge und Messer damals wie heute und auch morgen sind – das Führen eines kleinen Betriebes hat sich in den drei Jahrzehnten doch sehr verändert. „Und das vor allem zu Lasten des Handwerks! Ich sage nur ein Stichwort: Bürokratie! Immer mehr Papier- und Verwaltungskram verleidet mir und uns die Arbeit fast vollends!“ Zum Jahr für Jahr ständig wachsenden Wust an Vorschriften kam in jüngster Zeit zum Beispiel noch die viel diskutierte Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) dazu. Meister Höcker fragt sich jetzt aktuell öfter: „Wie soll ich das alles als einzelner Gewerbetreibender noch umsetzen? Auch mein Tag hat nur 24 Stunden! Dafür bin ich sicherlich nicht Handwerker geworden.“ Doch dann steht auch schon der nächste Hobby-Koch mit einem Satz stumpfer Küchenmesser vor ihm und ist sehr froh, dass der Schneidwerkzeugmechaniker-Meister ihm helfen kann.

Insgesamt finden in Höckers Werkstatt etwa 60 (!) verschiedene kleine und größere Maschinen zur Bearbeitung der Messer ihren Platz – was Kunden zunächst nicht vermuten, wenn sie das helle, lichtdurchflutete Ladenlokal betreten – überall blitzt es metallisch und blankpoliert. Hier bietet Bernd Höcker und sein Team alles an, was „scharf ist und schneidet“ – von der kleinsten Pediküre-Schere bis zum (Hobby-)Samurai-Schwert oder dem großen Fleischerbeil. Zu seinen Kunden zählen Köche und Friseure, Fleischer und Jäger, Fußpfleger und Hundesalons genauso wie Darts-, Schwert- oder Bogensportler, Hausmänner und -frauen – und andererseits auch die Industrie: So können etwa Pappunterlagen für die beliebten Tiefkühl-Torten eines großen Herstellers nur produziert werden, wenn Meister Höcker vorher die zugehörige Stanzform Stück für Stück geschärft hat. In seiner Werkstatt kann er aber ebenso Industriemesser bis zu einer Länge von 3,10 Meter „an einem Stück“ bearbeiten: Es gibt wohl kaum eine Klinge, die Bernd Höcker nicht schärfen könnte!

BU:

Auf den Tag genau 25 Jahre nach seiner erfolgreichen Meisterprüfung erhielt Bernd Höcker (r.) gestern den Silbernen Meisterbrief aus den Händen von Detlef Schönberger (2.v.l., Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe) überreicht. Ehefrau Birgit Höcker und der Stellvertretende Obermeister der zuständigen „Schneidwerkzeugmechaniker-Innung Hamm“ Dirk Detering waren die ersten Gratulanten.